Neuseeland 2002/03

Teil 2; Auf der Südinsel

Die Überfahrt zur Südinsel war unerwartet ruhig, der Sturm der vergangenen Tage hatte keinen Seegang hinterlassen. Es herrschte auch herrlicher Sonnenschein, die Fahrt führte durch einen sehr schönen Fjord nach Picton, wo wir die Fähre verließen. Im Ort selber war keine Unterkunft mehr frei, so fuhren wir ein paar Kilometer in den Nachbarort Waikawa, wo wir in der Bay View Lodge ein recht teures, aber schönes Zimmer mit Balkon und Ausblick auf das Wasser bekamen.

Den Nachmittag verbrachten wir mit Nichtstun auf eben diesem Balkon, auch wenn es keine Katze gab, die man hätte auf den Schoß nehmen und streicheln können. In der Gruppe, die sich am Abend in der Küche zusammenfand, befanden sich auch ein Student aus Lüneburg und einer aus Scheeßel (wo ich meine Ausbildung gemacht hatte), und es wurde noch bis tief in die Nacht hinein geklönschnackt.

Montag, 16.12.2002

Da es gestern abend sehr spät wurde, standen wir heute auch ziemlich spät auf. Dann mußten wir feststellen, daß wir unser Brot wohl in Wellington liegengelassen haben mußten, drum fuhr Ulrike los und kaufte neues. Abgesehen von dem geringfügigen finanziellen Verlust war das jedoch nicht weiter schlimm, denn für heute hatten wir uns wieder nur einen Tagesausflug vorgenommen. Wir wollten auf einer ganz kleinen Straße nördlich des Queen-Charlotte-Sundes fahren, soweit wir eben kamen, die Route führte auf eine langgezogene Halbinsel und endete irgendwo, aber wir wollten uns ja auch nur die Gegend ansehen.

Und das hat sich wirklich gelohnt, obwohl die Strecke so ihre Tücken hatte. Abgesehen davon, daß die Straße generell recht schmal war, gab es

Also eine sehr anspruchsvolle Fahrerei, meist im dritten Gang, selten im vierten, aber öfter mal im zweiten. Dafür wurden wir mehr als entschädigt durch immer wieder tolle Ausblicke auf das Wasser, und wo immer es ging, wurde angehalten, geguckt, ein Foto gemacht. Irgendwann wurde wie erwartet aus Asphalt Schotter, und wir kehrten um und genossen die Rückfahrt genauso wie die Hinfahrt.

Der Abend wurde dann wieder in aller Ruhe auf unserem Balkon verbracht.

Hier habe ich auch damit begonnen, unsere tägliche Fahrtstrecke zu protokollieren:

Tagesstrecke: 142 km.

Dienstag, 17.12.2002

Diesen Morgen mußte wieder alles zusammengepackt werden, denn wir wollten weiter nach Westport an die Westküste. Als wir uns beim Frühstück mit einem Deutschen über unsere Ziele unterhielten, meinte der: "Westport? Was ist denn da los?", aber wir wollten halt die Westküste herunterfahren. Dort führte aber etwa 400 km nur eine einzige Straße lang und das Wetter sollte recht unbeständig sein (deshalb gab es da die berühmten Regenwälder), da wollten wir in Westport eben entscheiden, ob wir weiterfahren oder nicht.

Noch vor Havelock überholten wir die ersten Radfahrer, die mit Gepäck unterwegs waren, und das war neu, auf der Nordinsel hatten wir nie welche gesehen. Wir konnten uns das nur so erklären, daß Radfahrer sich immer für die Südinsel entscheiden, weil diese die schönere der beiden sein soll, wenn sie für beide Inseln nicht genug Zeit haben.

In Nelson wurde getankt und auf dem Paß zwischen Matupiko und Kawatiri Kekspause gemacht, bei letzterer mußten wir jedoch die Regensachen anziehen. Die Straße führte hinunter ins Tal und dort auf das nächste Gebirge zu, und auf halber Höhe der Berge waren Wolken! Und da fing es dann an, richtig zu schütten. Die Strecke entlang des River Buller war garantiert äußerst schön, nur hatten wir davon nicht viel. Das viele Wasser auf unseren natürlich nicht wie bei einem Auto mit Scheibenwischern ausgestatteten Sichtscheiben behinderte uns ziemlich, und wir mußten uns sehr auf die Straße konzentrieren. So konnte ich nur hin und wieder mal seitwärts einen Blick auf tolles Wildwasser werfen und erhaschte ein Hinweisschild zu einer Swing Bridge, welchen wir unter diesen Umständen natürlich nicht verfolgt haben. Auch den von unserem Tourenbuch empfohlenen Abstecher über die Highways 65, 7 und 69 sparten wir uns, und im Nachhinein erscheint mir fraglich, ob die Zeit für diesen Umweg überhaupt gereicht hätte.

Irgendwann findet das Wasser seinen Weg unter die beste Regenkombi, und wir fühlten uns alles andere als wohl, als wir in Westport eintrafen, aber prompt hörte der Regen auf, so daß wir beim Tanken die Klamotten ausziehen und in "The Happy Wanderer" YHA alles zum Trocknen aufhängen konnten.

Unser Warden erzählte uns, er sei früher Lehrer gewesen und war einmal auf einem 3-monatigem Austausch in Bremen, hatte aber später den Beruf aufgegeben, um hier das Hostel zu führen. Was das bedeutete, konnten wir ermessen, als wir einen Abendspaziergang durch den Ort machten: Hier war überhaupt nichts los! Der ganze Ort bestand fast nur aus einer Straße, und alles wirkte sehr heruntergekommen, nun konnten wir die ungläubige Frage von heute morgen nach unserem Reiseziel besser verstehen. Wir fanden zum Beispiel einen Motorradladen, der scheinbar schon seit mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr in Betrieb war, durch das verdreckte Schaufenster sahen wir allerhand Schrott, eine teilweise zerlegte "Güllepumpe" (für Nicht-Motorradfahrer: Eine Honda CX 500). Auch Restaurants fanden wir keine nach unserem Geschmack, immerhin aber einen Supermarkt, in dem wir unsere Vorräte wieder ergänzten. So wurde denn in der Küche noch etwas leckeres gebrutzelt und dazu ein Weinchen (nicht billig hier!) gesüffelt, was ja auch einen guten Ausklang des Tages darstellte.

Tagesstrecke: 353 km.

Mittwoch, 18.12.2002

Heute sah das Wetter besser aus, zwar wolkig, aber wohl überwiegend trocken, und wir wollten erstmal nur wieder eine Tagestour unternehmen, von Westport aus an der Küste entlang nach Norden. Die Straße endet dort einfach irgendwo, man kommt dann nur nach zu Fuß weiter auf dem Heaphy Track durch das Tasman-Gebirge zur Golden Bay.

Zunächst führte die Straße immer geradeaus durch die Küstenebene, welche hier allerdings manchmal nur ca. 500 Meter breit war, dafür aber richtig platt, mit einem abrupten Anstieg der Berge auf der rechten Seite.

Hinter Mohikinui bog die Strecke dann nach rechts ab in die Berge, und wir bekamen unser Lieblingsschild "Kurvenreiche Strecke" mit dem Zusatz "auf 26 km"! Rechts und links schöner dichter Wald, eine brauchbar asphaltierte Bergstraße fast ohne Verkehr, trockenes Wetter, Herz, was willst Du mehr? In diesem Abschnitt stand an jeder Brücke ein kleines Schild mit dem Namen des Baches, den wir gerade überquerten. An einer Stelle las ich "Whiskey-Creek"; hier war es also, das Land, in dem nicht nur Milch und Honig fließen. Da sich aber bekanntlich Straßenverkehr und Alkohol nicht gut vertragen, fuhren wir weiter und genossen die Kurven lieber in nüchternem Zustand.

Alles hat jedoch ein Ende, die Küste kam wieder in Sicht und schließlich auch der Ort Karamea. Dort in der Nähe war auf unserer Karte die Sehenswürdigkeit "Honeycomb Caves" verzeichnet, da jedoch die Route dorthin nur geschottert war, besuchten wir sie nicht und ließen auch das "Karamea Centennial Museum" rechts liegen. Statt dessen fanden wir im "Last Resort Café" ein passables Mittagessen, heute gab es also mal nicht die üblichen Kekse. Wie der Name schon nahelegte, befand sich hier auch das Ende des zivilisierten Straßenbelags, und wir kehrten wieder um.

Auf der kurvigen Bergstrecke machten wir diesmal Halt, weil uns ein Schild den "Track to Lake Hanlon" ankündigte. Nun hatten wir keine größeren Wanderungen geplant, weil wir einerseits dafür zusätzliche Ausrüstung hätten mitnehmen müssen, und auch die Motorräder so teuer waren, daß wir sie nicht mehrere Tage lang ungenutzt herumstehen lassen wollten. Aber hier handelte es sich um einen Weg von 10 Minuten (laut Schild, in Wirklichkeit waren es 15), und so wollten wir uns doch mal den Regenwald von innen ansehen.

Nun, der Regenwald war, wie man schon vermuten konnte, dunkel und feucht, und der Weg war ziemlich glitschig. Auch der See war eine Enttäuschung, durch den hohen Schilfgürtel konnte man das Wasser meist nur erahnen. Somit gab es keine weitere Diskussion über die Teilnahme an Wanderungen (Ulrike: "ich stapf' doch nicht tagelang durch den Schmadder!"), und wir gaben uns wieder den Freuden des Moppedfahrens hin, auch wenn uns kurz vor Westport nochmal ein kurzer Regenguß erwischte.

Zurück im Hostel bekamen wir eine günstige Wettervorhersage für die nächsten Tage und entschieden somit, morgen weiter nach Süden fahren zu wollen.

Hier wie in vielen Hostels gab es ein Regal mit Büchern, wo man in der Regel die Werke auch tauschen kann, das eigene fertiggelesene Buch gegen ein neues. Ich kann bei Bücherregalen selten widerstehen und stöberte ein bißchen, dabei fand ich Karen Blixens "Jenseits von Afrika" im Original auf Dänisch. Nun lernte ich seit einer Weile Dänisch, war aber damals noch nicht so weit, ganze Bücher lesen zu können und hatte auch kein Wörterbuch dabei, drum stellte ich es wieder zurück. Während wir anschließend beim Kochen waren, kamen zwei Frauen herein, entdeckten genau dieses Buch und wollten, da sie anscheinend aus Dänemark waren, es sofort haben.

Wir jedenfalls verbrachten nach dem Essen noch einen ruhigen Abend mit unserem eigenen Lesestoff.

Tagesstrecke: 230 km mit 9,94 Litern Benzin (die XJ 900), das entspricht einem Verbrauch von 4,3 l/100 km oder 23,1 km/l.

Donnerstag, 19.12.2002

Das Frühstück war nicht so gemütlich wie der vergangene Abend, denn eine Gruppe Japanerinnen schaltet den Fernseher ein, und das Programm war genauso bescheuert wie in Deutschland. Immerhin bekamen wir nach den Nachrichten noch einmal eine Bestätigung des guten Wetterberichtes und flüchteten schon um 930 Uhr auf die Straße.

Diese führte meistens in der schmalen Ebene an der Küste längs und ging nur selten in die Berge, vor denen immer wieder dicke Wolken hingen. Aber es blieb trocken, und zuweilen schien auch schon die Sonne. Bei Tiromoana sahen wir ein Schild "Penguins", aber keine der solcherart angekündigten Tiere.

Am Ende des Ortes Punakaiki stellten wir die Maschinen auf einen Touristenparkplatz, um die Pankake-Rocks zu besichtigen. Der Name rührte daher, daß diese Steine so aussahen, als ob man einen ganzen Stapel Pfannkuchen aufeinandergeschichtet hätte, es gab immer wieder in regelmäßigen Abständen Streifen weicheren Gesteins, welche etwas stärker erodiert waren und dadurch diesen Effekt hervorriefen.

Auch ein "Blowhole" gab es hier, das war eine Höhle mit Öffnung nach oben und Verbindung zum Meer, aus der unter bestimmten Bedingungen Wasser nach oben spritzte. Dazu brauchte es in diesem Fall Hochwasser und Seegang; Die Flut hatten wir genau abgepaßt, der Wellengang war jedoch nicht hinreichend, und so fehlte dem Blowhole die Puste.

Weiter südlich führt die Strecke nicht mehr direkt die Küste entlang, sondern durch schöne Urwaldabschnitte. In Harikari (nein, nicht Harakiri...) konnten wir tanken, und kurz vor dem Ort The Forks machten wir Pause direkt an einem schönen See. Unser Ziel für diese Etappe waren die beiden berühmten Gletscher Franz Joseph und Fox. Der erste ist nach dem zur Zeit der Entdeckung regierenden Kaiser von Österreich benannt, der zweite nach seinem Entdecker. Wir mieteten uns nahe dem Franz Joseph Glacier im gleichnamigen Ort ein. Dieser Ort bestand eigentlich nur aus 5 Hotels, einem Hostel und einem Hubschrauberflugplatz, wo man ab 230 NZ$ Flüge zum Gletscher buchen konnte.

Nach dem Einchecken war noch genug Zeit, den ersten Gletscher zu besichtigen. Die letzten 4 km der Strecke waren Gravel und die Straße endete auf einem Parkplatz, von dem aus 2 Fußwege begannen: 15 Minuten zum Aussichtspunkt und 1 Stunde 40 Minuten zum Gletscher. Letzteres wollten wir uns in unseren Lederklamotten denn nicht zumuten und haben uns mit einer wunderschönen Aussicht auf die ferne Eiszunge begnügt.

Zurück im Hostel machten wir Bekanntschaft mit der Hostelkatze, welche jedoch einen äußerst apathischen Eindruck machte. Außerdem buchten wir unsere Unterkünfte über Weihnachten im Voraus, weil man uns gewarnt hatte, über die Feiertage sei immer alles belegt, weil dann auch die Neuseeländer selbst gerne für ein paar Tage wegführen. Schließlich genossen wir zum ersten Mal eine Dusche, bei der man sowohl die Wassertemperatur als auch die Wassermenge unabhängig voneinander einstellen konnte.

Tagesstrecke: 298 km.

Freitag, 20.12.2002

Beim Frühstück im großen Saal diskutierte eine Vierergruppe den Verlust eines Handys in einem deutschen Dialekt, der uns Fischköppen wie Schwäbisch vorkam, aber wir wurden belehrt: Sie kamen aus dem Badischen. Nun, wir erwarten ja auch nicht von einem Stuttgarter, daß er einen Dithmarscher von einem Nordfriesen unterscheiden kann...

Um 1000 Uhr ging es los, allerdings mit Pullover und Regensachen, denn die Wolken hingen sehr tief, und es tropfte leicht. Die Zufahrt zum Fox Glacier war wieder ungeteert, deshalb fuhr ich alleine hin, um ein Foto zu machen. Zurück auf der Hauptstraße fuhren wir eine Weile lang hinter einem Lieferwagen her, der ziemlich stank, aber ein brauchbares Tempo fuhr, weghalb wir recht viel Abstand hielten. Da saß ein großer Vogel auf der Straße und verspeiste ein plattgefahrenes Tier, flog natürlich vor den Auto weg, kam aber dann wieder, um sich den Rest der Beute zu holen. Bei seiner erneuten Flucht hätte ihn ich beinahe greifen können, was bei einer Spannweite von fast 2 Meter sicher spannende Folgen gehabt hätte, aber schließlich drehte er nach links ab. Später überquerte dann auch noch ein Wiesel unbeschadet vor uns die Straße.

Schließlich schwenkte die Straße ab ins Landesinnere, und sofort kam die Sonne durch, die Wolken verschwanden, und wir mußten auch den Pullover ausziehen. Bei dem Wetter hatten wir auch keine Bedenken, zwei Wasserfälle zu besichtigen, die am Wegesrand angekündigt wurden. Der Paß selber hingegen lohnte sich nicht, die Strecke wartete mit keinen besonderen Kurven auf, dafür in Makaroa mit dem teuersten Benzin der ganzen Tour (1,26 NZ$/l).

Entschädigt wurden wir durch ein paar äußerst schöne tiefblaue Seen, bevor die Straße wieder etwas eintönig durch recht ebenes Land führte. In Cromwell machten wir Pause an einem Imbiß, der als "the 5Th best in NZ" beworben wurde. Von der Weiterfahrt ist mir eine entgegenkommende uralte Wellblechente (Citroen 2CV) in Erinnerung geblieben, bevor unsere Route nach Norden in eine schöne Schlucht einbog. Hier soll es gewesen sein, wo das Bungee Jumping erfunden wurde, und es gab etliche Brücken, an denen man das ausprobieren konnte. Auch hatten wir den Eindruck, daß alle 400m ein Schild eine Winery in 400m ankündigte.

Schließlich erreichten wir Queenstown und hatten etwas Mühe, das Hostel "Hippolodge" zunächst zu finden und dann auch zu erreichen, denn es ging zwei äußerst steile Straßen hoch, welche Ulrikes Seca fast nicht geschafft hätte.

Al Catone Zu Fuß ging es hinunter in den Ort, und am Dampferanleger fanden wir auch einen Platz, wo wir eine Pizza essen konnten, nämlich das Restaurant "Fatz Cat", eine urige Lokalität, in der sich alles um Katzen drehte, es gab Katzenbilder und -statuen in allen möglichen Stilrichtungen. Auch ein Gästebuch bekamen wir vorgelegt, und darin zu blättern war schon ein Genuß, einige Besucher hatten weitere Katzenzeichnungen hinterlassen, am schönsten davon fand ich nebenstehenden "Al Catone". Leider ist das Etablissement inzwischen wohl geschlossen worden.

Tagesstrecke: 428 km.

Sonnabend, 21.12.2002

Heute beim Frühstück gab es eine weitere Runde im heiteren Sprachenraten; Die Leute sahen europäisch aus, die Sprache war es definitiv nicht. Es klärte sich auf, als einer aus der Gruppe telefonierte und zu seinem Gesprächspartner "Shalom" sagte.

Ansonsten hatten die Moppeds heute ausnahmsweise mal Pause. Zu Fuß sind wir zur Gondelstation einer Seilbahn gegangen und für nicht ganz billige 15 NZ$ auf den Berg gefahren. Oben hätten wir für noch teureres Geld mit einer Art Rodelschlitten mit Fahrradlenker fahren oder Bungee Jumping oder gar Gleitschirmfliegen betreiben können. Statt dessen sind wir kostenlos auf einem Scenic Walk spazieren gegangen und hatten den Berg ganz für uns.

Wieder unten an der Talstation gab es noch einen ganz kleinen Vogelpark, dessen Eintritt uns aber mit 14,50 NZ$ zu teuer war. So haben wir unser Geld lieber in der Stadt nicht nur für Essensvorräte, sondern auch für ein paar witzige T-Shirts ausgegeben. Zum Mittag fanden wir uns am Hafen wieder, bei Mc Neils Brewery (das Alster heißt hier übrigens "Shandy", mit langgezogener ersten Silbe) gab es für 7 NZ$ einen so reichhaltig gefüllten Basket of chips topped with bacon, melted cheese and chopped parsley, daß der Abstecher zum Hostel, um die Vorräte zu verstauen, als Verdauungsgang sehr willkommen war.

Denn eigentlich hätten wir im Hafen bleiben können, stand doch für den Nachmittag eine Dampferfahrt auf dem Programm. Auf dem Lake Wakatipu verkehrte nämlich seit 1912 die TSS Earnslaw, ein altes Dampfschiff, welches seitdem den Warenverkehr mit den umliegenden Gehöften betrieb. Mittlerweile bestanden die Waren größtenteils aus Touristen, die zu einem Hof gefahren werden, wo sie groß essen, sich aber auch auf einen Horse Treck begeben können. Für uns Ingenieure war jedoch das reizvollste des Törns das alte Schiff selbst, auf dem man durch spezielle Fenster hinunter in den Maschinenraum gucken konnte, wo die alte Dampfmaschine werkelte.

Zurück im Hostel wurde noch ein größerer Haufen Wäsche gewaschen, lecker gekocht und noch eine Weile mit einer Mitbewohnerin aus der Schweiz geklönt.

Tagesstrecke: 0 km.

Sonntag, 22.12.2002

Vor dem Essen klönten wir eine Weile mit einem der Israelis, der sich zwar über die hohen Preise beklagte, aber dadurch nicht davon abhalten ließ, alle activities mitzunehmen. Uns führte unser Weg zunächst ein Stück wieder zurück, wobei wir kurz an einem Parplatz anhielten, wo man einen Blick auf einen schönen Flußabschnitt mit leichtem Wildwasser mit Namen "Roaring Meg" werfen konnte. Aber wir hatten ja keinen Paddel-, sondern Motorradurlaub gebucht, und so warfen wir bald wieder unsere Maschinen an. Beim Losfahren beömmelten wir uns noch über einen Bus mit der Aufschrift "Serious Fun", in diesem Slogan schien uns ein gehöriger Widerspruch zu stecken, auch wenn sein Besitzer das wohl anders sah.

In Cromwell fuhren wir weiter Richtung Osten durch braunes und etwas karges Hügelland, was jedoch nicht ohne Reiz war. Die Gegend war recht dünn besiedelt, die Bewohner schienen sich an langen Winterabenden die Zeit damit vertrieben zu haben, kunstvolle Briefkästen zu bauen und an die Straße zu stellen; Unter anderem sahen wir eine Tonne, eine Baggerschaufel und einen rosa Elefanten (nein, wir trinken nie Alkohol auf dem Mopped...). Auch der "So big Creek", den wir überquerten, entlockte uns ein Schmunzeln unterm Helm, denn er unterschied sich überhaupt nicht von allen anderen Bächen dort.

Je dichter wir an die Küste kamen, umso grüner wurde die Landschaft, und schließlich durften wir nochmal ein schönes Gebirge überqueren, bevor wir nach Dunedin kamen. Das war eine richtige Stadt, und somit war das Hostel nicht ganz so leicht zu finden. Das befand sich in einem schönen alten Haus "with Ghost" (den haben wir natürlich nicht zu sehen bekommen) und einem Labrador statt Katze (mit dem mußte ich mich auseinandersetzten, als ich Bücher tauschen wollte, er lag vor dem Regal und war auf Streicheleinheiten aus).

In der Stadt gab es etliche schöne alte Häuser, die aber überwiegend durch häßliche Feuerleitern veschandelt waren. Zum Abendessen fanden wir das japanische Restaurant "Tokyo Garden", in dem wir kein europäisches Besteck bekamen, aber Ulrike hatte Fingerfood bestellt, und ich kann notfalls auch mit Stäbchen essen, und gut geschmeckt hat es allemal.

Tagesstrecke: 329 km.

Montag, 23.12.2002

Während wir frühstückten, nieselte es draußen, und der Himmel wurde zunehmend dunkler, also zogen wir uns noch im Haus unsere Regensachen an, setzen die Helme auf und gingen so auf den Hof, um die Motorräder zu beladen. Bei dieser Methode muß man immer rechtzeitig an den Zündschlüssel denken, denn wenn man erstmal richtig eingepackt ist, kommt man da nicht mehr so leicht heran. Beim Aufpacken fielen vereinzelt richtig fette Regentropfen im Niesel, und wir machten uns schon auf einen heftigen Guß gefaßt, der uns aber nicht mehr erreichte. Bei Waikola wurde es so trocken, daß wir die Regensachen wieder auszogen, nur um eine Weile später erneut anhalten zu müssen, um die Pullover hervorzuholen. Nun ja, wir waren ja ziemlich weit im Süden, und kurz vor Weihnachten war es ja auch...

Die Straße zwischen den Orten Clinton und Gore hieß "Presidential Highway" (Bill Clinton war ja mal Präsident und Al Gore Vizepräsident der USA), und vor einem Schild posierten wir für ein Foto.

An meinem Helm hatte ich gestern abend eine Schraube der Visiermechanik abgebrochen, und in Gore sollte es einen Motorradladen geben (es handelte sich sogar um einen Yamaha-Händler), bei dem ich hoffte, Ersatz zu finden. Zunächst galt es jedoch, erst einmal den Laden zu finden. Wir fragten uns durch, über die Brücke, am Kreisverkehr rechts auf die Nr. 94, dann lag auf der linken Seite ein Geschäft, in dessen Verkaufsraum sich ausschließlich Enduros befanden. Der Inhaber holte eine Schachtel mit allerlei Kunststoffteilen hervor, in der sich tatsächlich eine passende Plastikschraube fand, nicht schön zwar, aber sie tat ihren Dienst, und ich mußte noch nicht einmal etwas dafür bezahlen.

Wir folgten der 94 durch grünes Hügelland, hier gab es überwiegend Wiesen und Weiden, ganz selten mal einen Acker. zwischen den Orten Mossburn und The Key folgte wieder ein naturbelassener Abschnitt, hier wuchs auf weiten Flächen eine besondere Grassorte namens "Red Tussock".

Schließlich erreichten wir unser Ziel, Te Anau, wo wir die Weihnachtstage verbringen wollten.

Das Hostel lag sehr schön am See, nur durch die Straße davon getrennt, aber die Betreiber hatten noch einige der umliegenden Häuser dazugekauft, und uns wurde eines auf der seeabwärtigen Seite zugewiesen. Das schien mir ein typisch neuseeländisches Haus zu sein, eingeschossig und aus Holz gebaut, mit ganz flach geneigtem Dach. Wir hatten (für 64 NZ$ pro Tag) auch richtig viel Platz, die Haustür führte in einen Vorraum mit Garderobe und Küche, dahinter lag ein großer Aufenthaltsraum, von dem zwei Doppelzimmer abgingen. Da wir derzeit noch alleine waren, wählten wir natürlich das größere von beiden, wo wir uns mit unseren Koffern ausbreiten konnten.

In eigentlich allen Hostels gab es bei der Anmeldung jede Menge Informationsmaterial über Freizeitangebote in der Umgebung. Deshalb gingen wir nach dem Abendessen wieder 'rüber und trafen dort die Israelis aus Queenstown wieder. Sie wollten die nächsten Tage auf den Milford Track wandern gehen.

Auch hier gab es eine Hostelkatze namens Hazel, laut Aushang sollte noch eine fremde Katze kommen, die dann zu verjagen wäre, letztere haben wir aber nicht gesehen.

Tagesstrecke: 307 km.

Dienstag, 24.12.2002

Heute am Heiligen Abend gönnten wir uns mal den Luxus, lange im Bett zu liegen, und kamen deshalb erst um 1145 Uhr auf die Motorräder. Ziel unseres heutigen Ausfluges sollte der berühmte Milford Sound sein. Die Straße dorthin führte zunächst durch mit Ginster bewachsenes Hügelland, wo uns der Seitenwind etwas zu schaffen machte. Es folgte ein bewaldetes Stück, hier stieg das Gelände merklich an, es ging wieder ins Gebirge. Dort hingen die Wolken äußerst tief, so daß wir die Regensachen anzogen. Unterwegs wurden noch ein paar ausgehöhlte Felsen, "Chasm" genannt (als wir das Hinweisschild sahen, hatten wir keine Ahnung, was uns erwartete), besichtigt.

Die Fahrt hoch in die Berge machte trotz der Feuchtgkeit wieder mächtig Spaß, aber oben auf der Höhe lag noch ein kleiner Rest Schnee neben der Straße, und es kam noch ein Tunnel. Nun kennen wir in Hamburg ja nur den Elbtunnel der Autobahn, hell gekachelt, beleuchtet, locker auch mit 50% mehr als den erlaubten 80 km/h befahrbar. Dieser hier war anders. Grob in den Felsen gehauen und stockfinster, es gab lediglich rote Rückstrahler am Fahrbahnrand, und wir mußten feststellen, daß das Licht unserer Maschinen ziemlich bescheiden war (wir fuhren ja sonst immer nur tagsüber). Mein getöntes Visier konnte ich auch nicht aufklappen, da es überall von der Tunneldecke tropfte. Zum Glück war auf der Strecke nichts los, so daß wir ungestört durch den mal enger, mal breiter werdenden, mit echten Kurven versehenen Gang eiern konnten.

Auf der anderen Seite kamen wir in ein grandioses Tal, hinter uns senkrechte Felswände, an denen überall Wasser hinunterlief, vor uns lief die Straße in zuerst engen, dann weiteren Schwüngen abwärts.

Wir machten auf einem Parkplatz halt, um diesen Blick angemessen zu würdigen. Dort stand schon ein Auto, dessen Insassen sich irgendwie merkwürdig verhielten, eine Kamera hervorholten und etwas fotografierten, was sich an ihrem Wagen befand. Nachdem wir die Helme abgenommen hatten und näher traten, konnten wir auch sehen, was das war: Ein Papagei, der auf ihrer Motorhaube herumspazierte. Ungefähr so groß wie eine Taube, von olivgrüner Farbe, flog dieses plietsche Kerlchen von einen Auto zum nächsten, war dabei sicher auf Fütterung aus und schien durchaus zu wissen, daß man manchmal duch die Seitenscheiben hineinkriechen konnte. Eine deutsche Frau, die bald dazukam, erzählte uns, daß diese Sorte Papagei Kea hieß, die Tiere sehr intelligent und verspielt sind, aber auf der Suche nach Eßbarem z. b. im Inneren eines Autos auch beträchtlichen Schaden anrichten können. Natürlich mußte ich auch erstmal ein paar Aufnahmen machen, bevor wir uns von dieser Szene lösen konnten.

Auf dem weiteren Weg zu Tal begegneten wir einem weiteren interessanten Tier: Katzengroß, dunkelbraun, dick und rundlich mit langem, behaartem Schwanz, dunklen Knopfaugen und Schweinsschnauze lag es im Straßengraben und starrte uns an. Hier konnte uns bislang niemand sagen, was für ein Tier das gewesen sein konnte, wir bekamen lediglich mehrfach die Aussage: "Kein Possum".

Schließlich erreichten wir unser Ziel. meine Tastatur sträubt sich, das, wo die Straße endete, als Ort zu bezeichnen: vier oder fünf Wirtschaftsgebäude, dann rechts und links je ein PKW-Parkplatz, nach 500 m Weg ein riesiger Busbahnhof und ein Terminalgebäude, dahinter ein Anlegesteg für ca. 10 Ausflugsdampfer.

Die 15-Uhr-Schiffe waren alle gerade weg, so mußten wir bis 1645 Uhr warten. das gab uns genug Zeit, in dem inzwischen einsetzenden Regen einen Wasserfall in der Nähe (zu Fuß 10 Minuten entfernt) zu besichtigen und uns lange Zeit auf eine Bank unter einem Vordach zu setzen, unsere Pausenkekse zu essen und die fallenden Tropfen zu betrachten.

Pünktlich zur Abfahrt unseres Schiffes hörte der Regen glücklicherweise auf, so daß wir uns die Landschaft von Deck aus angucken konnten. Und das lohnte sich: Überall steile Berge, die direkt aus dem Wasser stiegen, üppig bewachsen, und immer wieder kleine Wasserfälle, die sich mehrere hundert Meter die fast senkrechten Wände hinunterstürzten. Unser Skipper fuhr uns vor mehreren davon in Fotoposition, bevor es einmal kurz hinaus aufs Meer ging, wo der Seegang sofort merklich stärker wurde.

Auf dem Rückweg wurden wir wieder an einer Stelle nahe ans Ufer gefahren, der Skipper sprach von seinem "favourite rock", und auf diesem Felsen lag rund ein dutzend Seehunde! Wir fuhren mit dem Schiff bis auf 10 Meter heran, die Asiaten an Bord schnatterten aufgeregt, die Tiere ließen sich davon jedoch nicht im mindesten beeindrucken. Ich hatte den Eindruck, daß sie einmal kurz ein Auge aufmachten, "Touristen" murmelten, das Auge wieder zumachten und seufzten: "Die gehen ja bald wieder". Welch Unterschied zu den Seehunden zuhause an der Nordsee, wo man sich mit dem Kajak auf mehrere hundert Meter vorbeitreiben läßt, ganz still mit dem Tele im Anschlag, und die Tiere flüchten manchmal trotzdem. Klar, daß bei dieser Gelegenheit massenhaft Fotos gemacht wurden.

Auf der Weiterfahrt konnten wir schön beobachten, wie schnell hier der Regen aufzieht, keine fünf Minuten dauerte es von dem Zeitpunkt, da wir die Regenwand vom Sundausgang her kommen sahen, bis wir ins Bootsinnere flüchten mußten.

Die Rücktour (von 1845 bis 2030 Uhr) fand in ihrem interessanterem Teil im Gebirge denn auch in triefender Nässe statt. Bei der Abfahrt hinter dem Tunnel überholten wir einen Fahrradfahrer, den ich zuerst noch für seine Leistung bewunderte, denn er mußte ja die Höhe auch erst einmal erklommen haben. Dann lief ich auf seinen Kollegen auf, den ich wegen der Gefahr von Gegenverkehr auf der engen und kurvigen Strecke nicht sofort überholen mochte, da quetschte sich der erste Kerl wieder an mir vorbei und versuchte, seinem Kumpel den Schneid abzukaufen, worauf die beiden ohne Rücksicht auf Entgegenkommer den Berg hinunterrasten.

Unten in der "Ebene" fielen dann nur noch vereinzelte Tropfen. Hier waren die Bäche an den Brücken nicht mehr benannt, auf den Schildern stand einfach nur "Creek No. 243".

Tagesstrecke: 253 km.

Mittwoch, 25.12.2002

In der Nacht hat der Regen uns wieder eingeholt, und es regnete den ganzen Vormittag durch, was dem heutigen Weihnachtsfeiertag eine ziemlich trostlose Stimmung verlieh. Das war insofern nicht ganz so schlimm, als wir heute nicht mit den Moppeds loswollten. Statt dessen hatten wir eine Besichtigung der "Glowworm Caves" geplant. So etwas kann man in der Regel vom Hostel aus buchen, wir mußten uns dann um 1400 Uhr an einem Anleger am See einfinden und wurden mit einem Ausflugsboot quer über den See gefahren (das fuhr so schnell durch die Wellen, daß es auch ohne den Regen ratsam war, nach drinnen zu gehen und sich hinzusetzen).

Drüben ging es dann in eine Höhle, die ein unterirdischer Fluß in den Berg gegraben hatte. Das war an sich schon beeindruckend genug, ein oft nur schmaler und niedriger Weg verlief mal neben, mal über dem Wasser, das mit einer solchen Wucht durch die Höhle schoß, daß einem schon unheimlich werden konnte. Im hinteren Teil der Höhle wurde dann das Licht ausgemacht, und man konnte die Glühwürmer sehen: Viele kleine leuchtende Punkte, einige heller, andere dunkler. Wir erfuhren, daß die Tiere leuchteten, um andere Insekten anzulocken, und Ulrike fand am interessantesten, daß die hungrigsten und gefräßigsten am hellsten leuchteten, das sei wenigstens ehrlich.

Für den Abend war im Hostel eine Weihnachtsfeier anberaumt, wir sollten alle etwas zu essen mitbringen, möglichst etwas typisches aus dem Land, aus dem wir kamen. Ich entschied mich für Frikadellen, dazu brauchte man nicht zuviele verschiedene Zutaten, auch das neuseeländische Brot war geeignet (es gibt fast ausschließlich Toastbrot), und ich brauchte auch keine besonderen Küchengeräte (einen Backofen z. B. gab es nicht). Allerdings habe ich die Frikadellen sehr klein portioniert, damit möglichst viele davon etwas abbekommen konnten.

Noch während ich am brutzeln war, bekamen wir weitere Mitbewohner, ein Paar aus der Nähe von Heidelberg. Sie waren 3 Tage lang einen Track von Glenarchy (in der nähe von Queenstown) und The Divide (hier liegt mit 500 m die niedrigste Wasserscheide zwischen Ost und West) gewandert und sagten, auf einen Tag Regen müsse man sich schon mindestens einstellen. Wir stellten fest, daß wir den gleichen Rückflug nach Frankfurt gebucht hatten.

Gegen 1800 Uhr hörte der Regen beinahe auf, stellenweise kam die Sonne durch, und man konnte die fernen Bergspitzen wieder sehen. Sie waren jetzt oben weihnachtlich weiß! Aber wir brauchten immerhin nicht mehr die Regenkombis anzuziehen, um einigermaßen trocken zum Hauptgebäude hinübergehen zu können. Auf dem Weg dorthin fiel uns eine FJ 1100 in sehr schönem Zustand auf, die im Laufe des Tages angekommen sei mußte.

Die Party war richtig fröhlich, 30 - 40 Leute bauten ihre Fressalien zu einem großen Buffet auf, dann wurde von möglichst vielem probiert, und der anschließende Klönschnack ging bunt über alle Nationalitäten hinweg. Ich lernte auch den Fahrer der FJ kennen: Ein Neuseeländer aus Whangarei, der heute morgen im Regen angekommen war und meinte, der Paß zum Milford Sound sei bereits wegen Schneefall gesperrt. Er war Mitglied im Ulysses Club der über 40-jährigen Tourenfahrer und konnte mir einige gute Tips geben. Lediglich die Katze Hazel schien den Abend nicht zu genießen. Immer, wenn ihr jemand zu nahe kam, fing sie an zu fauchen und ließ auch schon mal jemanden ihre Krallen fühlen, ergriff aber nicht wie so manch andere Katze in dieser Lage die Flucht, sondern schien nach wie vor zu meinen, daß dies hier ihr Revier sei.

Tagesstrecke: 0 km.

Donnerstag, 26.12.2002

Es ist in der Nacht noch kälter geworden, fast schon weihnachtlich, und die Schneedecke auf den fernen Berggipfeln deutlich größer. Unsere Heidelberger Mitbewohner verabschiedeten sich, wir hingegen hatten keine rechte Meinung, groß etwas zu unternehmen. Erst am Nachmittag konnten wir uns zu einer kleinen Tour aufraffen. Die Kälte verleidete uns zusätzlich die Lust auf längere Strecken, immerhin war Ulrikes Seca II mit Heizgriffen ausgestattet.

Auf dem Rückweg von Manapouri kamen wir an einem kleinen Zoo vorbei und nutzten die Gelegenheit, uns zwar nicht aufzuwärmen, aber doch wenigstens eine Auskühlungspause einzulegen. Es gab hier etliche Käfige und Gehege mit Vögeln zu sehen, und mich hatte ja schon in Whangarei der Ruf des Tui so fasziniert, nun wollte ich doch mal gucken, wie dieses Tier denn aussieht. Doch daraus wurde nichts, der Vogel hatte in seinem Käfig genug Urwald zur Verfügung, um sich darin zu verstecken, wir konnten ihn wieder nur hören. In einem anderen Verlies saß ein Paar Keas aphatisch herum, so ganz anders als das Tier vorgestern auf dem Rastplatz. Auch für uns gab es weiter nichts aufregendes zu entdecken, so daß wir bald wieder weiterfuhren.

"Zuhause" im Hostel hatten wir wieder eine neue Wohnungsgenossin bekommen, die mit uns kaum ein Wort sprach, aber den Fernseher laufen lassen mußte, während sie ein Buch las.

Abends versuchten wir noch, Ulrikes Kette zu spannen, die hatte das dringend nötig (ein Hoch auf den pflegeleichten Kardanantrieb der großen XJ). Aber wir wußten nicht, wo bei der Seca das Bordwerkzeug war, wenn sie denn überhaupt welches hatte. Möglicherweise war es unter der Sitzbank, aber da fanden wir den Hebel zum Öffnen nicht, den hatte Darren uns nicht gezeigt, und ich hatte auch nicht danach gefragt, denn bei meiner 900er wußte ich ja, wie das ging. Wir holten also mein Werkzeug hervor, aber da waren nicht die richtigen Schlüssel dabei. So mußte die Kette wohl oder übel noch bis Christchurch durchhalten, wo Te Waipounamu auch eine Werkstatt hatte.

Tagesstrecke: 56 km.

Freitag, 27.12.2002

Auch für uns sollte es heute weitergehen, und wir schafften es, schon um 930 Uhr auf die Straße zu kommen, nachdem wir alle warmen Klamotten, die wir dabeihatten, angezogen hatten. Die Temperaturen waren aber wieder erträglich, die Strecke nach Süden nett durch hügelige Landschaft mit schneebedeckten Bergen im Hintergrund.

In Invercargill wurden wir von einer Varadero mit Kennzeichen aus Mainz überholt, eines der wenigen ausländischen Fahrzeuge hier, in der Regel werden von Touristen inländische Fahrzeuge gemietet oder (vorübergehend) sogar gekauft.

Wir fanden, daß Invercargill schlecht beschildert war. Wir wollten weiter zu den Catlins, und das war nicht leicht zu finden. Am Ortsende mußte man der Richtung "South City" folgen, aber das erschien uns falsch, lagen die Catlins doch eigentlich im Osten. Wahrscheinlich wäre es leichter gewesen, gleich zu Anfang den Heavy Traffic Bypass zu nehmen, aber wir wollten ja auch etwas von der Stadt sehen. Entdeckt haben wir dabei jedoch nichts von Bedeutung.

Die Catlins selbst, ein Gebiet von Hügeln und kleineren Bergen, waren wieder sehr schön, aber recht dünn besiedelt. In Fortrose hätten wir gerne Mittagpause gemacht, aber wir fanden keinen Imbiß (unsere Keksvorräte waren wieder mal aufgebraucht), und der Ort wirkte sehr trostlos. Aber in Tokanui (auch dieser Ort war kaum hübscher) gab es einen Dairy, wo man etwas zu Essen bekommen konnte. Beim Warten darauf konnten wir einen Blick auf eine topographische Karte werfen, die dort an der Wand hing. Wir erfuhren, daß sich das bisher schon sehr schöne, mit Buschwerk und Wald durchsetzte Hügelland gen Osten noch mehr bewaldet, fanden jedoch keinen Hinweis auf die Niagara Falls, die uns in einem Flyer empfohlen wurden und die bei einer Abzweigung nach Waikawa sein sollten.

Dafür bekamen wir hinter eben diesem Abzweig unser Lieblingsschild zu sehen: "Kurvenreiche Strecke" auf 56 km! Es wurde hügeliger und waldreicher, die Straße war frisch asphaltiert, wir wähnten uns wieder im Motorradfahrerhimmel, da schlug das Schicksal unbarmherzig zu: Der Asphalt ging schlagartig in Schotter über. Das war auf unserer Karte nicht verzeichnet, und mit dem Fahrspaß war es natürlich erstmal vorbei. Zeitweise konnte man von der Strecke aus das Meer sehen, aber wir hatten nicht den rechten Blick dafür. So mußten wir 26 km lang auf dem gravel herumeiern, nur von zwei kurzen Stücken Pflaster (jeweils bei einer Brücke) unterbrochen, bis zum Ortseingang von Papatowai. Typisch Neuseeländisch dabei: Wenn man in diesem Ort umgedreht und wieder zurückgefahren wäre, dann wäre man an einem Verkehrsschild vorbeigekommen, daß einem erlaubt hätte, auf dem Schotter 100 km/h schnell zu fahren.

Nun konnten wir die weiterhin sehr schöne Landschaft wieder richtig genießen, und wir fuhren bis Milton, wo wir uns in einer Seitenstraße rechts ab in einem Hostel einquartierten, das einem Schweizer gehörte. Wir wurden in einem Nebengebäude in einem Zimmer untergebracht, das zwar sehr stimmungsvoll mit alten Gerätschaften bestückt und mit groben Brettern vertäfelt war, jedoch den Komfort von elektrischem Licht vermissen ließ, Strom gab es in dem Gebäude noch keinen. Dafür trafen wir die einjährige Hostelkatze Minou, die mit ihrem samtschwarzen Fell zwar äußerst schön, aber auch sehr gefährlich war: Ich legte das Schlüsselbund auf den Boden, um eine Hand zum Streicheln frei zu haben, und sie schnappte sich das mit den Zähnen und wollte damit stiften gehen.

Tagesstrecke: 416 km.

Sonnabend, 28.12.2002

Aufbruch um 900 Uhr. Wir fuhren weiter nach Norden, durchquerten nochmals Dunedin und konnten noch einmal die schöne Bergstraße nördlich davon genießen, die wir ja bereits letzten Sonntag gefahren waren. Der Himmel war bedeckt mit dunkelgrauen Wolken, und alle sagten, das würde noch Regen geben, aber wir hatten Glück und blieben trocken. So kamen wir zu dem Platz, an dem sich die Moeraki Boulders befanden. Direkt neben dem Parkplatz lag eine Weide, auf der Hirsche gehalten wurden (hinter einem 2 Meter hohen Drahtzaun). Die Gelegenheit war günstig, solche Tiere einmal aus unmittelbarer Nähe zu betrachten, sie waren überhaupt nicht scheu. Im Gegenteil, eine Hirschkuh hoffte wohl auf etwas freßbares und zupfte energisch an meinem Jackenärmel, aber das Leder war ja stabil.

Die Moeraki Boulders sind eine Ansammlung mannshoher kugelrunder Felsen am Strand. Es gab zwei Zugänge dorthin: Der erste führte bei einem Restaurant durch ein Drehkreuz, an dem man 2 NZ$ einwerfen sollte. Der andere lag weiter links, war offiziell ausgeschildert und kostenfrei. Wir gingen einen kurzen Weg und konnten dann am Strand zwischen den Steinkugeln umherlaufen und auf ihnen herumklettern. Eine Kugel war geborsten, so daß man sehen konnte, wie die Dinger von innen aussehen. Interessanterweise bestehen sie aus zwei verschiedenen Sorten Gestein, das Grundgestein ist von der anderen Sorte schlierenartig durchzogen. Auf einer Tafel war auch dargestellt, wie diese Formationen entstanden sind, dies kann ich als Nicht-Geologe hier jedoch nicht wiedergeben.

Die Weiterfahrt führte uns nach Oamaru, wo man gegen Eintritt hätte Pinguine beobachten können, aber "only 1 hr before dusk", und davon waren wir noch weit entfernt. Richtung Christchurch ging es durch eine weite Ebene, die Canterbury Plains, welche auch fahrtechnisch alles andere als spannend war, denn die Straße führte schnurgeradeaus. Dafür gaben wir etwas mehr Gas als gewöhnlich, denn wir hatten mit Te Waipounamu vereinbart, heute noch Ulrikes Kette nicht nur zu spannen, sondern gleich zu wechseln (gelobt sei der unkomplizierte Kardan der großen XJ, sagte ich das bereits?). Trotz eines elend langen Industriegebietes am Anfang der Stadt kamen wir noch rechtzeitig, und die Arbeit wurde von Chef John persönlich vorgenommen, der zeigte uns bei der Gelegenheit auch gleich, wie die Sitzbank zu öffnen war. Er erzählte uns auch, er habe gerade eine alte Triumph besorgt, die Ted Simon fahren solle, wenn er auf seiner Reise nach Neuseeland käme. Was mich nicht minder interessierte: Sie hatten dort eine weitere XJ900F stehen, in gepflegtem Zustand und einer schönen blau-gelben Farbgebung, die ich in Deutschland noch nie gesehen habe.

Wir quartierten uns im Hostel Foley Towers nahe beim Stadtzentrum ein. Auch hier gab es wieder eine Katze, wir hörten sie nachts mehrfach, und ein Fenster im Aufenthaltsraum hatte eine Katzenklappe, zu sehen bekamen wir das Tier jedoch nicht.

Tagesstrecke: 448 km.

Sonntag, 29.12.2002

Für die heutige Tagestour zum Arthur's Pass gönnten wir uns den Luxus, bis 1000 Uhr im Bett liegen zu bleiben, aber irgendwann wollten wir dann doch los. Wie zu erwarten mußten wir zuerst wieder diese Ebene durchqueren, aber immerhin war hier weniger Verkehr als auf der Nord-Süd-Strecke. Ab Springfield wurde es bergiger, die Landschaft war dabei recht karg und wirkte auf mich wie eine angefangene Modelleisenbahnanlage, auf der die Bäume noch aufzukleben waren. Der Paß selbst war waldiger, aber auf der Ostseite fahrtechnisch nicht sehr anspruchsvoll. Am Taramahau River drehten wir um, denn weiter westlich waren wieder dichte graue Wolken zu sehen. Am Paß selbst hatte man unlängst einen Straßenabschnitt durch eine Brücke ersetzt, oberhalb davon gab es einen Parkplatz mit Scenic Lookout, dort machten wir Pause und futterten unsere mitgebrachten Kekse.

Bei der Abfahrt mußte Ulrike auf dem Schotterweg unerwartet bremsen und konnte nicht verhindern, daß ihre Maschine wegrutschte und fiel, wobei sich eine Fußraste verabschiedete. Auslöser dafür war ein großer Touristenbus, der den Berg heraufkam und den Weg in ganzer Breite für sich beanspruchte. Dieser Bus entließ eine Schar Japaner ins Freie, die meine nun gefragten Reparaturanstrengungen anscheinend als willkommene Abwechslung betrachteten. Dabei empfand ich die englisch vorgebrachten Fragen nach Leistung und anderen technischen Daten des kaputten Motorrades in dieser Situation als wenig hilfreich, und mit den zwar wortreichen, aber japanischen guten Ratschlägen erging es mir kaum besser. Aber daß man bei der Yammi die hintere Fußraste auch nach vorne bauen kann, hatte ich auch so gesehen (wir mußten mal in der Nähe von Nizza feststellen, daß dies bei einer Kawasaki ZR550 nicht geht, aber das ist eine andere Geschichte), und so konnte unter zunehmend unhöflicherer Mißachtung der asiatischen Zuschauerschaft die Maschine wieder in einen fahrbereiten Zustand versetzt werden.

Auf dem Rückweg fiel uns auf, daß die Gegend nicht nur einer Modelleisenbahn glich, sondern die Straße auch entlang einer Bahnlinie verlief. Hier sahen wir einen Güterzug und zwei Personenzüge "TransScenic", und letztere hatten die schrapeligsten Lokomotiven, die wir bis dahin je gesehen hatten, fuhren aber.

Tagesstrecke: 383 km.

Montag, 30.12.2002

Heute wurde wieder aufgepackt, aber zuerst fuhren wir noch einmal zu Te Waipounamu, um die Fußraste reparieren zu lassen, die war jedoch nicht auf Lager. Wir schnackten eine ganze Weile mit dem 2. Chef Rex. Der war anscheinend schon jede Straße Neuseelands gefahren, kannte beispielsweise auch die Strecke nördlich des Queen-Charlotte-Sundes, die wir am 16.12. gefahren waren. Als wir erwähnten, daß wir vorhatten, vor der Weiterfahrt nach Norden heute noch eine Runde auf der Akaroa-Halbinsel zu drehen, gab er uns einige Tips, die wir dann versuchten, zu befolgen.

Wir verließen die Stadt also zunächst über die Moorehouse Avenue und fuhren über den ziemlich kargen Evans Pass nach Lyttleton, wo wir aus den Bergen kommend einen sehr schönen Blick auf ein Containerschiff hatten, das malerisch im türkisgrünen Hafenbecken lag. Weiter ging es immer an der Bucht entlang. Eigentlich hätten wir nun rechts auf den Gebbies Pass abbiegen sollen, der aber namentlich nicht ausgeschildert war. So fuhren wir auf einer sehr anspruchsvollen, weil kleinen Straße nach Port Levy, die Fortsetzung nach Little River wäre jedoch nur geschottert gewesen, und weiter geradeaus sollte es auch bald in Gravel übergehen. Drum kehrten wir um und fanden schließlich doch noch die empfohlene Strecke.

Der Highway Nr. 75 führte zunächst landschaftlich schön zwischen Felsen links und dem Lake Ellesmere rechts hindurch, bog dann ins Gebirge ab und wurde dann auch fahrtechnisch wieder interessanter. Unsere Freude an der tollen Strecke wurde allerdings stark getrübt durch einen vorausfahrenden Kleinbus. Entweder war das Fahrzeug defekt, oder sein Lenker konnte nicht mit mit der Schaltung umgehen, jedenfalls erreichte sein Tempo schon bei geringer Steigung kaum mehr als Schrittgeschwindigkeit, und bergab war es auch nicht viel besser. Dahinter hatte sich eine lange Schlange gebildet, zu Überholen traute sich auf der kurvigen Trasse niemand (es waren offenbar keine Franzosen anwesend, für die Überholen ja bekanntlich immer möglich ist). Mit der Zeit fing ich an, aus lauter Langeweile so einige Faxen zu machen, sehr zum Ergötzen der Insassen des PKW hinter mir, die ich im Rückspiegel beobachten konnte. Mal fuhr ich Schlangenlinien, mal lief ich mit den Füßen mit, mal stand ich in den Fußrasten auf und schwang einen imaginären Lasso, und ich hatte große Lust, während der Fahrt Blumen zu pflücken (bei Linksverkehr kann man das), wären nicht die Begrenzungspfosten ziemlich dicht an der Fahrbahn gewesen. So zockelten wir mehr oder weniger gut gelaunt hinter diesem Schleicher nach Akaroa hinein, wo unser Pacemaker anhielt und wir vorbeifahren konnten. Und was wir dabei sahen, setzte der Geschichte die Krone auf: An den Seiten trug dieses powervolle Fahrzeug die Aufschrift "Super Shuttle"!

Akaroa selbst war voller Touristen, so hielt es uns nicht lange dort, und wir fuhren wieder zurück. Von und bis Christchurch war das eine Tour von ca. 240 km, aber wir wollten ja noch weiter.

Der Highway Nr. 1 ging natürlich zunächst wieder durch die Canterbury Plains, es gab sogar ein kurzes Stück Autobahn. Ab Waipara wurde die Gegend wieder hügeliger und immer schöner, bis wir mit Kaikoura unser heutiges Ziel erreicht hatten.

Wir hatten (wegen erwartetem Andrang zum Jahreswechsel) ein Zimmer im Bad Jelly Backpacker vorgebucht. Dieses Hostel war nach der Hexe einer Kindergeschichte benannt, und auf der Terasse im Garten hatten die Besitzer eine lebensgroße Hexenpuppe in einen Stuhl gesetzt. Außerdem gab es zwei Katzen, die auf einer Zeichnung vorgestellt wurden: Nobel, eine gewaltige weiß-gelbe Langhaarkatze, und Scrap, der Zeichnung nach schwarz-weiß und normalschlank.

Tagesstrecke: 441 km.

Dienstag, 31.12.2002

Sagte ich gestern etwas von zwei Katzen? Heute morgen lernten wir drei weitere kennen: Fluffy, Meatloaf und Meatball. Die etwas unorthodoxen Namen hat sich wohl die Tochter der Besitzer ausgedacht.

Nachdem wir in aller Ruhe in den Ort gegangen, unsere Essensvorräte aufgefüllt und unsere Aktivität für morgen gebucht hatten, brachen wir auf, heute wieder nur zu einer Tagestour. Wir hatten vor, von Kaikoura aus im Süden eine Rundtour zu machen. Somit mussten wir erstmal wieder ein Stück unsere gestrige Wegstrecke wieder zurückfahren, aber die war ja wie fast alle Straßen hier sehr schön. Bei Waipara (dieser Ort lag etwas abseits der Straße) bogen wir ab, und es ging in Richtung Norden auf den Lewis Pass zu. Auch hier war die Landschaft schön, bestand aus Hügelland mit den fernen Bergen der Südalpen links im Hintergrund, war aber recht karg und trocken. Das passte prima zu gegenwärtigen Wetterlage, es war tierisch heiß, kein noch so kleines Wölkchen war zu sehen. Bei einer Pause in Culwarden schnackten wir mit einem älteren neuseeländischem Ehepaar mit Wohnwagen, und die klärten uns auf, dass dies hier die wärmste Ecke von ganz Neuseeland sei. Das war uns nicht so unangenehm, wie es der Schnee gewesen wäre, der zur Zeit in Deutschland die Fahrbahnen unsicher machte.

Eine kleine Strecke weiter bogen wir wiederum ab auf die Straße Nr. 70, die uns in einem kleinen Bogen zurück zu unserem Ausgangspunkt führen sollte. In Waiau wurde getankt, und der Tankwart, ein junger Mensch Anfang 20, fragte im Rahmen des üblichen kurzen Schnacks nach unseren Plänen für die Sylvesternacht. Er selbst wollte auch nach Kaikoura fahren und dort auf eine Veranstaltung gehen, das waren immerhin noch 78 Kilometer Entfernung, und es klang nicht so, als konnte er dort übernachten, also vermutlich dasselbe nachts wieder zurück.

Die Strecke war immerhin, obwohl auf unserer Karte ein unbefestigter Abschnitt verzeichnet war, vollständig asphaltiert, wie uns John und Rex versichert hatten. Die Landschaft war wohl eine Art Hochebene, es ging relativ gerade durch Hügelland dahin, dann kamen warnende Schilder, es folgten ein paar Serpentinen, unten eine One Lane Bridge, auf der anderen Seite fuhr man genauso eng wieder hoch und gemütlich weiter bis zum nächsten kleinen Tal. Später wurden die Hügel höher und die Landschaft grüner, dafür fing die Hitze an, den Asphalt der Straße zu schmelzen, was insbesondere in den Kurven erhöhte Aufmerksamkeit erforderte, aber wir sind ja keine Heizer.

Am Ortseingang von Kaikoura musste ich noch einmal etwas schärfer bremsen, weil eine Gruppe Möwen sich um jeden Preis um ein totes Tier balgen musste, das dort am Straßenrand lag.

Auf der Zufahrt zum Hostel schließlich wurden Ulrike die dort als Hofbelag ausgelegten daumengliedgroßen Kieselsteine zum Verhängnis. Ihr entglitt die Seca, und die Maschine fiel so unglücklich, daß ein Blinker zerbrach.

Für den Sylvesterabend hatten wir vor, es uns gemütlich zu machen, und hatten Knabberzeug, eine große Flasche Wein und eine kleine Flasche Sekt (also die Weinbuddel normalgroß, 0,7 Liter) besorgt. Zu Anfang leistete uns noch eine Mitbewohnerin aus den USA Gesellschaft, aber dann ging sie gegen halb elf schlafen, und alle anderen waren irgendwo unterwegs auf Party. So erlebten wir den ruhigsten Jahreswechsel seit langem, was uns auch ganz recht war.

Tagesstrecke: 283 km.

Mittwoch, 01.01.2003

Heute sollte es aufs Wasser gehen, und zwar nicht mit den Moppeds, sondern mit Seekajaks. Mit Rücksicht auf unsere spärliche Ausrüstung und auch unseren Geldbeutel hatten wir nur eine kurze Tour gebucht, zur Seehund"jagd". Um 1230 Uhr wurden wir im Ortszentrum abgeholt und mit einem Landrover in die South Bay verfrachtet. Mit von der Partie waren noch eine europäischstämmige Familie aus Hongkong und ein Pärchen aus Japan. Die hatten, weil sie alle zum ersten mal ein Kajak bestiegen, natürlich etwas Probleme, was für uns nicht galt, da das Paddeln ja unser Ersthobby ist. Wir konnten also die Tour richtig genießen, und ich musste dabei an eine andere, nicht ganz so gemütliche Fahrt denken, die auch Anfang Januar stattgefunden hatte. Damals gab es nämlich eine Art Wettbewerb der ortsansässigen Paddler, wer als erstes im neuen Jahr losfährt, und zuhause in Deutschland war man ja 12 Stunden zurück, da knatterte jetzt noch das Feuerwerk, da war bestimmt noch niemand unterwegs.

Wir fuhren leider nur ein kurzes Stück zu einer Landzunge, und ganz vorne an der Spitze lagen die Tiere, denen die Tour galt. Seehunde, oder soll ich sagen: Seekatzen? Sie aalten sich in der Sonne, dass es eine wahre Freude war. Und wir konnten so dicht an die Gruppe heranfahren, dass wir einzelne Tiere hätten berühren können. Eines ließ sich zwischendurch ins Wasser gleiten (stieß dabei versehentlich gegen Ulrikes Boot) und rotierte dann eine Weile lang spielerisch um die eigene Längsachse. Da wir die Eskimorolle nicht so gut beherrschten, um mit ihm zu konkurrieren, begnügten wir uns damit, die Nähe zu diesen bei uns so scheuen Tieren zu genießen. Doch irgendwann hat alles einmal ein Ende, und ich war gar nicht einmal allzu traurig darüber, da mein Boot Wasser machte; Es fehlte eine Schraube der rechten Fußstütze.

Zurück im Hostel war zunächst Entspannung pur angesagt. Am Abend gingen wir noch einmal ans Meer, es war mittlerweile Wind aufgekommen, der Wellen mit Schaumkronen mitbrachte, kein Kajakwetter mehr. Aber im Garten vom Hostel war es schön geschützt (und drinnen lief der Fernseher), so genossen wir den Hot Spa Pool draußen, während Scrap in der Nähe lag und uns Gesellschaft leistete. Auf diese Art möchte ich öfters mal einen Neujahrstag verbringen.

Tagesstrecke: 6 km (mit dem Kajak, nicht dem Mopped!).

Donnerstag, 02.01.2003

Nach diesem geruhsamen Jahreswechsel wollten wir nun wieder einmal Strecke machen, schon um 945 Uhr brachen wir auf. Die Straße führte zunächst sehr schön direkt am Meer entlang, die Linie der Berge zu unserer Linken verlor sich im Dunst voraus. Nach 20 km war ein Lookout bezeichnet, hier konnte man das Steilufer hinuntergucken auf eine Stelle, an der wieder Robben auf den Felsen lagen.

Nach einer Weile verließ die Straße den unmittelbaren Küstensaum, auch hier war die Landschaft wieder sehr trocken. In Blenheim bogen wir ab ins Landesinnere (die Nr. 1 hätte uns zurück nach Picton geführt, da wollten wir heute noch nicht wieder hin) und konnten wieder hohe, grün bewaldete Berge genießen. In Havelock stießen wir auf die Strecke, die wir schon am 17.12. von Picton aus Richtung Süden genommen hatten. Wir dachten zurück an den üblen Regen, in den wir damals gekommen waren, und es schien, als wollte sich das heute wiederholen, denn gen Nelson zog sich der Himmel bedrohlich zu, während bisher die Sonne brav geschienen hatte.

Doch kurz hinter Nelson bogen wir nach Nordwesten ab, und es klarte wieder auf. Bis Motueka war die Gegend recht flach, doch dann ging es steil die Berge hoch, mehr als der dritte Gang ging nicht, war wegen der Kurven aber auch nicht wirklich ratsam. Auf alle Fälle ein tolles Fahren bis hoch auf den Paß, wo wir die Wolken auf Augenhöhe begrüßen konnten. Dort hätte man auch jede halbe Stunde die Ngarua Caves besichtigen können, doch ein Preis von 11 NZ$ hielt mich davon ab.

Es ging eine Weile lang durch die Takaka Hills, mit Buschwerk bewachsen, dann auf der anderen Seite genauso steil wieder hinunter, wie wir zuvor hochgefahren waren. In einer Außenkurve stand ein Polizeiwagen, mehrere Männer guckten den an der Stelle anscheinend sehr steilen Berghang hinunter, und kurze Zeit später kam uns erst die Feuerwehr und dann ein Krankenwagen entgegen.

Unten kamen wir in ein schönes grünes Tal, und es muß diese Landschaft eine solche Ruhe ausgestrahlt haben, daß ich nach der aufregenden Kurverei in den Bergen das letzte Stück ganz gemütlich mit 80 km/h hinter einem Wohnmobil herzuckelte. In Takaka mieteten wir uns im Barefoot Backpackers von Kath und Toni Sandal (sehr nette Leute, die einen Foxterrier hielten) ein und bekamen ein Zimmer in einem schönen alten Gebäude drei Häuser weiter zugewiesen.

Zu abend gingen wir im Ort in das "Milliways, das Restaurant am Ende des Universums". Der Name war nicht ganz unpassend, war doch die Straße, die wir gekommen waren, der einzige kraftfahrzeugtaugliche Zugang zu dieser Gegend (der Golden Bay). Weiter im Norden gab es für Wanderer noch den Heaphy Track in Richtung Karamea (nördlich von Westport), und dann war die Südinsel hier oben wirklich zu Ende. Der Lachs jedenfalls war richtig lecker, wenn auch nicht billig am Ende der Welt.

Tagesstrecke: 370 km.

Freitag, 03.01.2003

Relativ früh am Morgen ging ich los, um Brötchen bzw. Brot zum Frühstück zu holen, und die wenigen Leute, die ich unterwegs traf, grüßten mich, so machte der Ort einen sehr freundlichen und familiären Eindruck auf mich. In diese Gegend schienen sich auch nicht so viele Touristen zu verirren wie anderswo.

Wir hatten uns gestern spontan entschlossen, heute nicht auf eigene Faust loszuziehen, sondern uns für 60 NZ$ pro Person zur Barefoot Guided Tour angemeldet. So wurden wir von unserer Führerin Louise mit einem Kleinbus abgeholt, danach sammelten wir noch Thomas aus der Schweiz und Gwinaile (schreibt man das so?) aus der Bretagne auf, die in anderen Unterkünften wohnten. Zunächst ging es nach Collingwood, aber der berühmte Schokoladenladen von Rosie war geschlossen. Weiter ging es links ab Richtung Heaphy Track, dann wieder links (beides Gravel Roads, die wir mit unseren Motorrädern wohl eher nicht gefahren wären), zur Quartz Range. Besonderes Highlight hier war eine Hängebrücke über einen gar nicht mal ganz kleinen Fluß.

Sodann besuchten wir den Bainham Store, einen Gemischtwarenladen, der 1928 gegründet worden war und sich seitdem kaum verändert hatte, alles war noch sehr altertümlich, trotzdem (oder gerade deswegen?) kauften hier die Leute aus der Umgebung hier ein, was immer sie brauchten. Wie lange das noch so bleiben würde, schien ungewiß, Louise erzählte, die Besitzer wollten aufhören, hätten aber noch keinen Nachfolger gefunden.

Unser nächstes Ziel war Puponga ganz im Norden mit dem Farewell Spit, einer schmalen, aus Sand bestehenden Landzunge, die sich, stetig anwachsend, vor die Bucht schiebt. Das ganze war Vogelschutzgebiet, und hier sollten ca. 100 verschiedene Vogelarten leben. Statt in das Visitor Centre gingen wir lieber auf einen nahegelegenen Hügel, von dem aus wir sehr schön die Gegend überblicken konnten. Hier erwischte mich der Heuschnupfen mit aller Macht, und natürlich hatte ich gerade heute die Tabletten nicht dabei. So habe ich mich, während die anderen auf eine kleine Wanderung entlang der Küste geschickt wurden, auf die Rückbank des Autos gelegt, welches von Louise zum Zielort gefahren wurde. Nach einer Weile hatte ich mich wieder einigermaßen erholt, so daß ich mit ihr zum Wharatiki Beach gehen konnte, um die anderen dort zu treffen. Der Weg dorthin führte ein Stück durch schöne grüne Hügel, wir hatten unsere Schuhe im Auto gelassen (schließlich hieß das Unternehmen ja Barefoot Tour), und der Sand war stellenweise so heiß, daß es kaum auszuhalten war. Aber der Strand war diese Pein mehr als Wert. Wir wanderten durch hohe Sanddünen, trafen zwischen den am Wasser liegenden Felsen auf eine riesige Robbe, die uns anscheinend anbettelte, und gingen in einem dieser Felsen in eine Höhle, die nur bei Niedrigwasser zugänglich war und auf der anderen Seite ins Wasser mündete. Auf dem Rückweg tranken wir noch ein Bierchen im "Mussel Inn".

Am Abend im Hostel wurde Brot gebacken. Toni und Kate hatten eine Brotbackmaschine aufgestellt, diese Geräte hatte ich vorher schon in einigen anderen Hostels gesehen.

Tagesstrecke: 0 km.

Sonnabend, 04.01.2003

In diesem sehr familiär geführtem Hostel gab es keine Check Out Time, darum frühstückten wir erstmal in aller Ruhe, und es ergab sich noch ein langer Klönschnack mit Kate, so daß wir erst nach 1100 Uhr das Gepäck aufluden. Dann mußte ich jedoch feststellen, daß meine Batterie leer war. Als ich die Maschine vorgestern abgestellt hatte, hatte ich den Schlüssel versehentlich in der falschen Stellung abgezogen, die ganze Zeit brannte das Standlicht. Dazu kam noch, wie wir jetzt sahen, daß der Säurestand etwas niedrig war, jedenfalls rührte sich da nun gar nichts mehr. Der Versuch, die Maschine anzuschieben, war auch erfolglos, aber wir konnten recht schnell ein Überbrückungskabel auftreiben und so die große XJ mit der kleinen XJ starten.

Dann sind wir zum Batterieladen erstmal nach Norden gefahren und haben bei Collingwood gewendet, bevor wir die Pu Pu Springs besuchten. Dies war ein heiliger Ort der Maori, eine ganz klare Quelle, deren Wasser aufgrund von besonderen Gesteinsformationen am Grunde des Beckens türkis und blau schimmerte.

Die Ladungsfahrt hatte anscheinend noch lange nicht gereicht, die Batterie wieder in den Urzustand zu versetzen, aber ich konnte die Mühle diesmal immerhin anschieben. Wir verzichteten dann aber lieber auf den Abstecher zum Grove Scenic Reserve bei Clifton, sondern fuhren gleich wieder zurück den Paß hoch, durch die Takaka Hills und auf der anderen Seite auch heute wieder durch Wolken hinunter. In Havelock beim Tanken wollte ich auch gleich destilliertes Wasser kaufen, das gab es aber nicht, der Verkäufer sagte, wir sollten Leitungswasser nehmen.

In Picton quartierten wir uns diesmal in der Sequoia Lodge ein und fuhren nochmal los auf die Jagd nach Aqua Dest. Das fanden wir auch hier nirgends, nur eine Waschanlage, wo wir für 2 x 2 NZ$ die Maschinen mit einem klaren Wasserstrahl vom gröbstem Schmutz befreien konnten. Also füllte ich abends die Batterie tatsächlich mit Leitungswasser auf, während mir der Langhaarschäferhund des Hostels zuschaute und erste Tropfen eines leichten Nieselregens fielen.

Tagesstrecke: 275 km.

Sonntag, 05.01.2003

Es sah so aus, als hätte der Nieselregen von gestern abend in der Nacht nicht zugenommen, aber auch nicht nachgelassen. Da unsere Fähre um 1030 Uhr fuhr, half es alles nichts, wir mußten los. Aber wir hatten insofern Glück, daß es aufhörte, als wir am Fähranleger ankamen. Beim Warten klönschnackten wir eine Weile mit dem Fahrer einer Suzuki.

An Bord gab es diesmal gute Ratschengurte, so daß das seefeste Verzurren der Motorräder schnell erledigt war.

 

Fortsetzung in Teil 3.


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